Da liegt es nahe, den Talboden zu meiden und sich in die Höhe zu begeben. Hoch über dem Valle di Susa verläuft in teilweise hochalpinem Gelände mit Streckenabschnitten oberhalb der 3000 Meter die ,Alta Via Val di Susa'. Der Weg - der ,offiziell' (dem Namen nach) überhaupt nicht mehr existiert - überquert dabei zweimal die Grenze zwischen Italien und Frankreich, aber auch Grenzen zur Vergangenheit, wenn etwa Militärruinen daran erinnern, dass dieses Grenzgebiet allzu oft hart umkämpft war, oder eine Bronzetafel ganz bescheiden aufzeigt, dass Hannibal am Col de Clapier vielleicht, „peutetre", im Jahr 218 v.Chr. hier die Alpen überquert hat.
Von den Cottischen Alpen gelangt man meist auf historischen Militär- oder Partisanenwegen in die Grajischen Alpen, man bleibt in der Höhe und berührt auf dieser Wanderung außer während der ersten und letzten Etappe weder Dörfer noch Temporärsiedlungen - findet aber trotzdem am Ende einer jeden Etappe eine wenn auch meist sehr einfache Übernachtungsmöglichkeit. Man kann sich die Frage stellen, ob man unterwegs auf einem derartigen Höhenweg wirklich wissen muss, was eine verfallene Materialseilbahn auf 3000m Höhe in bizarrer, aber absolut menschenleerer Gegend zu suchen hat? Was Wegweiser auf einen ,Glorioso Rientro dei Valdesi' zu bedeuten haben, wenn man doch einfach der rot-weißen Markierung folgen kann? Wofür diese winzigkleinen Tunnel gebaut wurden, die entlang der Passstraße hinunter nach Susa vom Höhenweg aus erkennbar sind? Warum die Ortschaften, die man bei der Anfahrt passiert, zweisprachige Ortsschilder haben oder an vielen Hauswänden ,NO TAV' steht? Lohnt nicht allein bereits die fast permanente Aussicht auf die majestätischen Steinpyramiden von Rocciamelone und Monviso diesen Weg?
Natürlich! Aber vielleicht gibt es ja auch den einen oder anderen Wanderer, der etwas mehr Zeit zur Verfügung hat und einer der hier skizzierten Spur folgen möchte. Das Susatal und vor allem die Bevölkerung, die sich so vehement gegen die Zerstörung ihres Tales wehrt, hätte es verdient!